Unsere Zeit in Sucre ist vorbei. Nach drei Wochen Behörden
und Langeweile werden wir rausgeworfen. Wir sind fertig, alle Behörden sind
abgeklappert, alles ausgefüllt, überall unterschrieben und ungefähr hundert
Fingerabdrücke abgegeben.
Dienstag ist der Abschlussabend und wir gehen alle zusammen
in die Stadt. Von den IJFD-lern kommen auch viele mit, wir gehören irgendwie
alle zusammen – die Familie der Freiwilligen mit Sucre-Base.
Wir aus El Villar und Sopachuy entscheiden uns um, was
unsere Abreise angeht und sind noch einen Tag länger in Sucre. Wir wollten
nicht nachts in El Villar ankommen und fahren deshalb lieber donnerstags
morgens.
Wir kommen am Nachmittag gegen 1630 Uhr nach
sechs einhalb Stunden Flotafahrt an. Sind ein bisschen verwirrt, schauen uns
um, holen unsere Rucksäcke – wir kennen uns nicht aus. Dann kommt eine kleine,
rundliche Frau mit Brille lächelnd auf uns zu, nimmt jeden in den Arm, gibt uns
ein Küsschen und sagt uns, sie sei Doña Fanny (die Frau von Don Gaston, unserem
Mentor, und sozusagen unsere Gastmutter). Keine Minute später kommen los
Dentistas auf uns zu und begrüßen uns mit den Worten: „Oh Gott, endlich seid
ihr da, es war so langweilig allein!“. So fühlt man sich richtig Willkommen.
Wir beziehen unsere Zimmer. Marie und ich teilen uns ein
Zweierzimmer, und Debby und Tina sind im Dreierzimmer. Felix ist mit Nelson,
einem Freiwilligen aus Argentinien, der im Colegio in El Villar
Computer-Unterricht gibt und auch sonst hier in El Villar so ein bisschen der
Elektriker ist, in einem Fünfer-Jungenzimmer. Es ist sehr schön. Das Haus
erinnert an das Hostel in El Villar, es ist sehr weiß und ja, schön, nur
irgendwie noch schöner. Wir haben so etwas wie eine Terrasse mit Stühlen und
Tisch – es sieht gemütlich aus.
Unseren Abend verbringen wir mit den Zahnärzten, die uns ein
bisschen von ihren ersten Tagen hier erzählen. Wir gehen Hamburgesas essen, die
aber Ei mir Reis sind, weil es grade kein Brot gibt (wir haben super Hunger, als
wir ankommen, später essen wir auch noch im Hostel zu Abend). Wir gehen auch zu
einem Fútsal-Turnier, bei dem wir sofort auffallen, wie bunte Hampelmänner:
abgesehen von denen, die konzentriert spielen, starren uns so ungefähr alle an.
Nachdem ich zwei Mal abgeschossen wurde und uns deutlich zu kalt ist treten wir
den Rückweg an.
Freitags beginnen Debby, Tina, Felix und ich den Tag mit
Sport. Es fühlt sich gut an, auch wenn man immer noch deutlich schneller aus
der Puste ist. Marie ist mit Nelson im Colegio. Wir treffen sie im Hostel,
nachdem wir uns eiskalt abgeduscht hatten (Debby duschte noch) und wurden
eingeladen, von Nelson durch das Dorf geführt zu werden. Gesagt getan. Im
Colegio (Oberschule) waren wir wieder der Anzugspunkt aller Blicke, die Mädchen
verliebten sich schnell in Felix. Wir wurden Leuten vorgestellt, Kinder wollten
unsere Namen wissen, wir bekamen Essen von der Köchin der Schule. Ich muss
gestehen, ich versuchte nicht mal, mir die Namen zu merken – ich würde sie
nicht brauchen, da ich bis Ende vom Jahr nur an Wochenenden mal in El Villar
sein werde. In der Escuela (Grundschule) wurden wir von einem kleinen Jungen
mit dem Ruf: „Los gringos estan aqui!“ begrüßt („Die Gringos sind da!§“).
Wieder wurden wir vorgestellt und gingen auch in eine erste Klasse, in der wir
brüllend mit „Buenos dias señoras!“ begrüßt werden – Felix sehen sie irgendwie
erst nicht. Die Kinder sind super goldig. Danach geht es zurück ins Hostel zum
Mittagessen und mit Gaston über unsere Einsatzstellen reden.
Debby in El Dorado würde montagmorgens direkt mit den
Lehrern zur Schule fahren, die sie deshalb am Wochenende schon kennenlernen
soll. Tina ebenfalls, da sie in dem fünf Kilometer entfernten Villar Pampa
arbeiten wird. Marie soll in El Villar in der Escuela arbeiten und nachmittags
sollen die beiden zusammen den Spielesalon eröffnen, den die ehemaligen
Freiwilligen hier wunderschön hergerichtet haben und der ein Paradies für die
Kinder zum Spielen ist. Felix und ich sind in Rodeito und Karachimayu. Die zwei
Dörfer sind von El Villar derzeit schlechter zu erreichen, weil der direkte Weg
umgebaut wird oder so, und man deshalb einen Recht großen Umweg fahren muss,
voneinander sind die Dörfer allerdings nur ein paar Kilometer entfernt (zwanzig
oder so). Für uns soll es am Montag losgehen. Wir sollen mit den Zahnärzten mit
der Ambulancia mitfahren, die mich dann erst nach Karachimayu bringen und dann
mit Felix nach Rodeito fahren, wo sie ihr Lager aufschlagen werden. So der
Plan.
Das Wochenende wird mit entspannen, ein bisschen dem Dorf
erkunden und packen verbracht. Sonntags gehen wir Mädchen in die Kirche –
verstehen so gut wie nichts, Debby übersetzt uns das Wichtigste, der Pfarrer
findet es super, dass wir in die Kirche gekommen sind, und sowieso einfach da
sind. Ich weiß nicht ganz wieso, aber es gibt nach dem Gottesdienst noch eine
Prozession durch den ganzen Ort, bei der wir dann auch mitlaufen. Abends
bekommen wir von Fanny Bettwäsche, Schüssel, Löffel und Tasse. Wir gehen
aufgeregt schlafen, morgen geht es los.
Aus der Flota auf der Fahrt nach El Villar |
Eine Straße El Villars |
Die Kirche in El Villar an der Plaza. An dem Tag als wir da waren war Tag der Kirche, weshalb sie so schön geschmückt war. |