Ich bin wirklich verliebt in dieses Mini-Dörfchen.
Kein Strom, kein Licht, kein warmes Wasser, kein Internet.
Handyempfang an zwei ungefähr ein Quadratmeter großen Stellen auf einem Berg
neben dem Internat – wenn gutes Wetter ist und man sowieso einfach Glück hat.
Es ist super.
Gut okay, vielleicht ein bisschen gewöhnungsbedürftig am Anfang.
Aber eigentlich ist der Gedanke daran viel schlimmer, als es tatsächlich ist.
Man braucht kein Handy, kein Internet und auch kein Licht. Ich habe eine Kerze
und letztes Wochenende hab ich mir auch eine Taschenlampe gekauft. Warmes
Wasser wird überbewertet. Sauber wird man auch mit kaltem Wasser und morgens oder
abends duschen macht man dann einfach nicht. Man duscht dann einfach tagsüber, wenn
es sowieso so warm ist, dass man gerne eine Abkühlung hätte, oder wenn es kalt
ist, duscht man eben einfach einen Tag mal nicht, oder auch zwei.
Ich lebe in einem kleinen Zimmerchen, in dem ich ein Bett
habe mit Moskitonetz, einen Schreibtisch und einen kleinen Schrank, in dem ich
Badsachen und Wertsachen aufbewahre, für Klamotten ist er zu klein. Außerdem
steht in einer Ecke ein riesiger Umzugskarton mit Bällen drin – Sportsachen der
Lehrer. Ich habe ein Fenster, das ist wichtig zu erwähnen, im Gegensatz zu mir
haben Debby und Felix in ihren Unterkünften kein Fenster. Neben meinem Zimmer befindet sich die Glocke, mit der immer
zur nächsten Stunde geläutet wird, gegenüber sind Klassenzimmer, in der Nähe
das Rektorat, das gleichzeitig auch das Lehrerzimmer ist.
Die Leute sind alle super. Es sind drei Lehrer-Ehepaare, ein
siebter Lehrer, dessen Frau keine Lehrerin ist und ich. Außerdem noch eine
Frau, die Hausmeisteraufgaben erledigt. Die Lehrerehepaare und Doña Leonarda
leben, wie ich, auf dem Schulgelände, Profe Mario keine drei Minuten entfernt.
Außerdem leben unter der Woche noch 20 Kinder und ihre Tutorin Doña Flora im
Internat auf dem Schulgelände. Mit ihnen esse ich auch, wenn sie dann da sind, immer im Internat. Am Wochenende und Montag morgens werde ich von den Profes
Yolanda und Anibal mit Essen versorgt.
Begrüßt wurde ich an meinem ersten morgen super herzlich.
Ich verstand mal wieder nicht mal die Hälfte, aber genug um zu wissen, dass
sich alle freuen, dass ich da bin. Mir wurde gesagt, dass ich jetzt Teil der
Karachi-Familie bin, dass ich sie alle als meine Onkels und Tanten oder so
etwas sehen kann, und vor allem, dass ich immer zu ihnen kommen kann. Mir wurde
versichert, dass sie immer für mich da sind, und ich nicht allein bin. Als ich
den Kindern vorgestellt wurde, wurde ihnen etwas Ähnliches eingebläut: Ich bin
weit weg von Zuhause und von meiner Familie, viele von den Kindern kennen das,
da sie ja als Internatskinder ihre Familien auch nur am Wochenende sehen, und
sie sollen deshalb auch Rücksicht auf mich nehmen. Auch wenn meine Familie weit
weg wäre, wäre es die Aufgabe der Kinder, mir zu zeigen, dass ich jetzt Teil
der Familie in Karachimayu bin. Diese Ansage war super, vor allem, da ich an meinem ersten
Morgen ziemliches Heimweh hatte. Ich hatte in der Nacht von meiner Familie und
meinen Freunden geträumt (ich hab euch lieb) und war dann verwirrt, als ich
morgens aufwachte und allein war und die einzige Sprache, die ich hörte das für
mich nicht so gut verständliche Spanisch war. Umso besser fühlte ich mich also,
als mir gesagt wurde, dass viele es nachvollziehen können, wenn es mir nicht
gut gehe und sie immer für mich da wären.
Die ersten Tage waren aufgrund meiner sprachlichen
Problemen echt ein bisschen anstrengend. Aber das hat sich erstaunlich schnell
gebessert. Ich hab mir angewöhnt, immer mit einem kleinen Block und Stift
rumzulaufen, und alle Sachen aufzuschreiben, die ich entweder nicht verstehe,
oder die ich gerne sagen würde, aber leider nicht weiß. So entsteht zwar eine
lange Liste, aber die Vokabeln sind zum Teil super schnell gelernt, da ich sie
echt oft brauche. Außerdem haben sich mittlerweile viele Kinder angewöhnt, mir
Sachen zu zeigen, die ich noch nicht kenne und mir den Namen zu sagen. Sie sind
sehr geduldig mit mir. Und wir arbeiten zusammen. Ich frage sie, was etwas auf
Spanisch heißt, und sie fragen mich nach englischen Vokabeln.
Ohje, es gibt so viel zu erzählen.
Der Unterricht zieht sich. Ich bin ein bisschen überfordert,
weiß nicht, was ich mit den Kindern machen soll, sie können sich nicht wirklich
viel merken und haben deshalb auch viel von den vergangenen Jahren schon
vergessen. Trotzdem sind die Kinder
ziemlich lieb, und wenn sie dann doch noch Sachen von den vergangenen Jahren
wissen sind sie ziemlich stolz, wenn sie mich zum Beispiel mit „Hello teacher“
begrüßen können.
Doch zum Schulalltag später mehr.
Die Schulglocke, mit der jede Stunde geläutet wird, direkt vor meinem Zimmer. |
Das Direktorat/Lehrerzimmer. Wenn nicht gerade die Kinder draußen rumrennen, spazieren auf dem ganzen Schulgelände die Tiere der Bewohner herum: Schweine, Hunde, Hühner. |
Ohne mein Moskitonetz geht gar nichts in Karachimayu. |
Der Blick auf den Schulhof vom Direktorat aus, geradeaus ist das Zimmer von Anibal und Yola, in dem grauen Teil links lebe ich. |
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